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Rosen

ROSEN



Er war aus ihr gegangen; wann es passierte, interessiert nicht wirklich, keine Zeit läßt sich zurückdrehen.

     Die Blätter der Rosen glänzten in der Sonne; dabei trat das Rankgerüst dezent in den Hintergrund wie auch das Hufeisen, das an ihm hing und kein Glück gebracht hatte. Farblos wurden die weißen Blüten von der Sonne verschlungen – so farblos wie sich das Leben in Anne von selbst verzehrte, seitdem er weg war.

     Sie betrachtete ihr Werk, das halbrunde Rosenprofil, mit Freude. Aber dafür hatte sie es nicht angelegt. Nicht dafür versuchte sie, dem Haus Ordnung anzugewöhnen, es „heimelig“ zu machen. Anne tat es, um Jan zu halten, um ihrer Liebe ein Abbild zu geben, ihr den Wert zu verleihen, der sonst nicht erkannt wurde.

     Das war nun vorüber. Die Ernte konnte nicht eingetragen werden; ein Hagelsturm war über sie hinweggefegt und sie mußte geschlafen haben. Oder hatte sie einfach nicht sehen wollen ?

     Heuer gab es weniger Rosen als das Jahr zuvor. Es hatte viel geregnet und extreme Temparaturstürze gegeben. Aber ihm fiel nur auf, wenn etwas Eßbares weniger wurde. Wie die Zwetschgen dieses Jahr. Und was sie an Quitten einholen würde und ob dies überhaupt noch geschehen sollte, das blieb in den Sternen.

     Sie erinnerte sich nicht, wann sie das letzte Mal einen Sternenhimmel betrachtet hatten. Ein Sternenhimmel ist für die Liebenden, die Hoffenden. Für die Einsamen wird dieser zur Furie.

      Heute früh hatte Anne nur eine einzige verblühte Rose abgeschnitten; es gab ja nicht viele; vielleicht verbargen sie sich nur vor ihrem Blick oder sie konnte die verblühten von den Knospen gar nicht mehr unterscheiden; das war ihr schon ein paarmal durch den Kopf gefahren, als sie mit der Gartenschere vor der Rosenwand stand und zögerte, einhielt und schließlich abließ. Denn Anne wollte weder einer Knospe etwas antun noch der Nacktschnecke, die sie gestern auf der Terrasse ihre Schleimspur fortsetzen ließ, als sie diese für das Liebes- und Erfolgsnest, das sie beide vor Jahren eröffnet hatten, säuberte.

      Jan sollte heute zurückkommen. Und sie wußte, er kam nicht zurück. Offiziell ging und kam er wieder, war da, wenn sie ihn brauchte für das organisatorische Schmuckwerk eines davoneilenden Lebens. Aber sie spürte, daß er irgendwo dazwischen stehen geblieben war, schließlich ging es ihr nicht anders. Die größte Gefahr ist nicht der Hagelsturm, die größte Gefahr für das Gedeihen ist, die Lieblosigkeit nicht zu erkennen, in welcher man dem Anderen entzieht, was er benötigt.

      Rosen sollten für sich stehen. So hatte sie, mit dicken Handschuhen bewappnet, den Mirabellenbaum von den sich verästelnden Rosen befreit und die Zweige in mühevoller Kleinarbeit nach ihrem Willen zu einer romantischen Wand geformt. Vielleicht würden sich nun die bis dahin verborgenen Knospen öffnen und neue Rosen gebähren. Aber dies würde nichts ändern an den Verletzungen, welche die Lieblosigkeit den Gelähmten zugefügt hat.

 „Wie geht es dir“? Wie geht es dir! Schau Jan, die Rosen. Aber er sieht ihr Werk nicht in der Absicht, die ihn auf die Terrasse geführt hatte. – Das wirkliche Leben ist pragmatisch, darin spielen Rosen, Sternenhimmel und der Verlust von Liebe nur eine untergeordnete Rolle. – Wer sagt das? –

      Sie gab keine Antwort auf eine Frage, die nicht gestellt wurde. Und er stolperte wieder in’s Haus zurück, und sie nahm ihre Schere und kappte eine Knospe nach der anderen ab, die sich nun ganz deutlich auch als solche zu erkennen gaben – dem Strom des Lebens und der Gerechtigkeit wegen.

 

copyright Pola Lilith 2009

JANUAR  
  Und verläßt dich die Kraft, erhebt sich die Welt...!  
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